Bundestagswahl 2017 - Ergebnisse

Wahlergebnisse und Kurzanalyse

Dramatische Verluste für die Union und die SPD. Die Alternative für Deutschland zieht zweistellig erstmals in den Bundestag ein. Comeback für die FDP: nach vier Jahren kommt sie wieder in das Parlament. Auch die Grünen und Die Linke legen leicht zu.

Im amtlichen Endergebnis kommen CDU und CSU mit starken Verlusten auf 33 Prozent, ein Minus von 8,5 Punkten im Vergleich zur Bundestagswahl 2013 (41,5 Prozent), der schlechteste Wert seit 1949.

Auch die SPD mit ihrem Kanzlerkandidaten Martin Schulz verliert stark und kommt nur noch auf 20,5 Prozent (2013: 25,7 Prozent), das schlechteste Ergebnis überhaupt. Schulz konnte über die Dauer des Wahlkampfes die Euphorie nach seiner Wahl zum Kanzlerkandidaten und SPD-Vorsitzenden mit dem Thema „Soziale Gerechtigkeit“ nicht aufrecht halten.

Die Alternative für Deutschland konnte die Unzufriedenheit vieler Bürgerinnen und Bürger mit der Regierungspolitik der etablierten Parteien in Stimmen umsetzen und zieht mit 12,6 Prozent erstmals in den Bundestag (2013: 4,7 Prozent).

Die FDP konnte dank ihrer Gallionsfigur Christian Lindner die Verluste von 2013 wieder ausbügeln und zieht nach vierjähriger Pause mit 10,7 Prozent wieder in den Bundestag ein (2013: 4,8 Prozent).

Die Linke, drittstärkste Kraft in der zurückliegenden Legislaturperiode, erlangt 9,2 Prozent und kann ihr Ergebnis von 2013 um 0,6 Punkte leicht verbessern.

Die Grünen legen mit 8,9 Prozent leicht um 0,5 Punkte im Vergleich zu 2013 (8,4 Prozent). Die Kernthemen Klima und Umwelt trafen nicht auf den entsprechenden Wiederhall bei den Wählerinnen und Wählern. Sie bleiben hinter den übrigen Parteien, die in den Bundestag einziehen, zurück.

Die sonstigen Parteien kommen auf 5 Prozent.

Bundeswahlleiter: Bundestagswahl 2017: Endgültiges Ergebnis

Wer mit wem? Diese Frage wird wohl erst in den nächsten Monaten geklärt werden. Der Jamaika-Koalition (CDU/CSU, FDP, Grüne) werden die größten Chancen eingeräumt. Union und SPD könnten allerdings beim Scheitern von Jamaika wieder eine Große Koalition eingehen.

Am 24. September 2017 waren die Bürgerinnen und Bürger als Souverän zum 19. Mal seit der Gründung der Bundesrepublik 1949 und zum achten Mal seit der staatlichen Einheit Deutschlands 1990 aufgerufen, ihr Parlament zu wählen. 61,8 Millionen Deutsche hatten das Recht, mit dem Stimmzettel die bundespolitischen Weichen für die nächsten vier Jahre zu stellen. 75,9 Prozent (2013: 71,5) gingen zu den Wahlurnen.

Endgültiges Ergebnis: Sitze

Kurzanalyse

Union stärkste Kraft, AfD gewinnt Kampf um Platz Drei, FDP zieht wieder in den Bundestag

Deutschland hat gewählt. Die Union verzeichnet dramatische Verluste und auch die SPD verliert stark. Die Alternative für Deutschland zieht zweistellig erstmals in den Bundestag ein und wird drittstärkste Kraft. Die FDP meistert ihr Comeback mit einem zweistelligen Ergebnis. Die Linke und die Grünen können leicht zulegen. Die Wahlbeteiligung ist auf 75,6 Prozent gestiegen, 2013 lag sie bei 71,5.

Unionsparteien trotz herber Verluste stärkste Kraft

Nachdem die Union bei der Bundestagswahl über 40 Prozent der Stimmen für sich gewinnen konnte, kann man bei dieser Wahl schon fast von einem Absturz sprechen. Mit 33,0 Prozent wurde sie zwar stärkste Kraft, erzielte jedoch ihr schlechtestes Ergebnis seit 1949.

Die CSU musste in Bayern ebenfalls herbe Verluste einstecken und fuhr mit 38,8 Prozent das schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte ein – sie verlor mehr als 10 Prozentpunkte. Auch das selbstgesteckte Ziel der Unionsparteien, es dürfe rechts neben der Union keine Partei im Deutschen Bundestag geben, wurde mit dem triumphalen Einzug der AfD verfehlt.

Über eine Million ehemalige Unionsstimmen wanderten bei dieser Wahl zur AfD, mehr als von sonst einer Partei. Damit werden die Kritiker der Kanzlerin innerhalb der Union Aufwind erhalten und der Kurs der CDU, die sich seit einigen Jahren den Vorwurf der „Sozialdemokratisierung“ gefallen lassen muss, könnte sich in der kommenden Legislaturperiode wandeln. Das könnte insbesondere die Zusammenarbeit mit den Grünen in einer möglichen Jamaika-Koalition erschweren.

Das Ergebnis der Unionsparteien zeigt auch, dass der vorübergehende Waffenstillstand zwischen den Schwesterparteien und der damit einhergehende Versuch, zwei konträre Richtungen in der Zuwanderungspolitik gleichzeitig zu vertreten, die Wähler nicht überzeugten. Anders als 2013, als Angela Merkel nach der Wahl als strahlende Siegerin gefeiert wurde, geht sie aus der Bundestagswahl 2017 angeschlagen hervor und wird sich in der kommenden Legislaturperiode stärker als bisher an der Programmatik ihrer Politik messen lassen müssen.

SPD erzielt historisch schlechtestes Ergebnis

Die SPD, die mit ihrem Kanzlerkandidaten Martin Schulz angetreten war, um die nächste Regierung anzuführen, erlitt eine Niederlage: mit 20,5 Prozent blieb sie weit hinter der Union zurück und fuhr das bislang schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte ein. Sie verlor Wähler an alle anderen Parteien.

Damit wird sich die SPD die Frage gefallen lassen müssen, ob sie überhaupt noch eine Volkspartei bezeichnet werden kann. Obgleich Martin Schulz den Genossen zu Beginn seiner Kandidatur neue Hoffnung gab und einen regelrechten medialen Hype auslöste, der die SPD in den Umfragen zeitweise über 30 Prozent klettern ließ, gelang es ihm nicht, langfristig bei den Wählern zu punkten. Im Wahlkampf fiel es ihm und seiner Partei schwer, sich klar von der Union und Angela Merkel abzugrenzen. Das Kernthema der SPD – soziale Gerechtigkeit – fand bei den Bürgern zwar grundsätzlich Zustimmung, genügte jedoch nicht, um deutlich über 20 Prozent der Bürger zur Stimmabgabe zu mobilisieren.

Vergleichsweise stark war die SPD laut Infratest dimap bei ihrer Stammwählerschaft: älteren Wählern, wirtschaftlich schlechter gestellten Bürgern und Menschen mit einfacher Bildung. Doch auch in diesen Wählergruppen kam sie nicht in die Nähe der 30-Prozent-Marke. Wenige Minuten nach Bekanntwerden der ersten Prognosen kündigte die SPD an, sich in der nächsten Legislaturperiode in der Opposition erneuern zu wollen. Dafür wird sie sich insbesondere programmatisch neu aufstellen müssen – denn dass personelle Veränderungen allein die Bürger nicht überzeugen, hat diese Bundestagswahl eindrücklich gezeigt.

AfD mobilisiert Protestwähler und punktet vor allem im Osten

Die AfD, die 2013 mit 4,7 Prozent an der Fünf-Prozent-Hürde scheiterte, schaffte es bei der Bundestagswahl 2017 nicht nur ins Parlament, sondern wird mit 12,6 Prozent drittstärkste Kraft im neuen Bundestag sein. Besonders im Osten konnte sie ein beachtliches Ergebnis einfahren und wurde mit über 20 Prozent zweitstärkste Kraft. In Sachsen gewann die AfD die Wahl, dort holte sie auch drei Direktmandate.

Die Nachwahlbefragungen von Infratest dimap zeigen, dass die AfD vor allem eine Protestpartei ist: So gaben 60 Prozent der AfD-Wähler an, sie hätte aus Enttäuschung über die anderen Parteien ihre Wahlentscheidung getroffen, nur ein Drittel wählte die AfD aus Überzeugung. Die Befragungen bestätigen, dass sich die Stärke der jungen Partei aus der Flüchtlingspolitik der Kanzlerin seit dem Sommer 2015 speist. Denn die größte Sorge der AfD-Wähler ist es, dass sich Deutschland und seine Kultur stark verändern werden und der Einfluss des Islam zunimmt. Außerdem fürchten sie eine steigende Kriminalität. Darüber hinaus dominierte die AfD den Wahlkampf durch provokante Äußerungen und konnte die mediale Debatte auf ihre Kernthemen fokussieren.

Besonders stark war die AfD laut Infratest dimap in der Gruppe der Arbeiter und der Arbeitslosen und bei Menschen, die angaben, sich in einer schlechten wirtschaftlichen Situation zu befinden und sich benachteiligt fühlen. Bei Frauen, sehr jungen und sehr alten Wählern war die AfD weniger erfolgreich, ebenso bei höher Gebildeten. Die meisten Stimmen konnte die Partei von ehemaligen Unionswählern gewinnen, außerdem mobilisierte sie mehr als eine Million Nichtwähler, deutlich mehr als jede andere Partei.

Erfolgreiches Comeback der FDP auch aus koalitionstaktischen Gründen

Der FDP glückte der Wiedereinzug in den Bundestag und mit 10,7 Prozent darf sich die Partei über ein sehr gutes Ergebnis freuen. 2013 war sie mit einem Wahlergebnis von 4,8 Prozent aus dem Parlament ausgeschieden.

Wie bereits 2009 wurde die FDP auch 2017 teilweise aus strategischen Erwägungen heraus gewählt. Fast 40 Prozent der FDP-Wähler gaben bei Infratest dimap an, die Partei aus koalitionstaktischen Gründen gewählt zu haben. Dabei konnten die Liberalen vor allem Stimmen von ehemaligen Unionswählern gewinnen. Dieser Effekt sollte auch 2009 eine Fortsetzung der großen Koalition verhindern.

Besonders stark war die FDP bei Selbstständigen, höher Gebildeten und wirtschaftlich besser gestellten Menschen. Im Wahlkampf verfolgte die FDP eine Strategie der konsequenten Personalisierung und schnitt ihre Kampagne auf Spitzenkandidat Christian Lindner zu, der zuvor den vierjährigen Erneuerungsprozess der Partei vorangetrieben hatte. Aufgrund der Ankündigung der SPD, in die Opposition zu gehen, könnte auf die gerade erst neu erstarkte FDP eine Rolle in der neuen Regierung zukommen.

Auch Die Linke schöpft aus Protest-Wähler-Potenzial

Die Linke, drittstärkste Kraft in der zurückliegenden Legislaturperiode, erlangte 9,2 Prozent und konnte ihr Ergebnis von 2013 leicht verbessern. Den dritten Platz konnte sie jedoch nicht verteidigen.

Wie auch die AfD war die Linke besonders im Osten stark. In Berlin konnte sie vier Wahlkreise gewinnen und auch in Leipzig erhält sie ein Direktmandat.

Die Anzahl der Protestwähler war bei der Linken zwar geringer als bei der AfD, doch auch unter den Linken-Wählern trafen laut Infratest dimap fast 40 Prozent ihre Entscheidung aus Enttäuschung über die übrigen Parteien.

Bei jungen Wählern zwischen 18 und 34 Jahren war die Linke etwas erfolgreicher, als in den übrigen Altersgruppen, außerdem war sie bei Arbeitern und Arbeitslosen etwas stärker als in anderen Berufsgruppen. Bei höher Gebildeten konnte die Linke bessere Ergebnisse erzielen, als bei Menschen mit einfacher Bildung.

Grüne müssen zwischen Regierungsverantwortung und Oppositionsbank wählen

Die Grünen verfehlten ihr Wahlziel, drittstärkste Kraft im Bundestag zu werden, konnten mit 8,9 Prozent jedoch ihr Ergebnis der letzten Bundestagswahl ebenfalls leicht verbessern.

Ihr einziges Direktmandat holten die Grünen im links-alternativen Berliner Wahlkreis Friedrichshain-Kreuzberg. Besonders große Zuwächse konnten sie in Baden-Württemberg und in Schleswig Holstein verzeichnen, in beiden Bundesländer verfügt die Partei mit Winfried Kretschmann (BW) und Robert Habeck (SH) über äußert populäre Persönlichkeiten.

Unter Jungwählern waren die Grünen besonders stark, außerdem konnten sie viele Stimmen von Angestellten und Selbstständigen sowie gut Gebildeten gewinnen. Bei Frauen sind die Grünen traditionell erfolgreicher als bei Männern, so auch bei dieser Wahl.

Der Wahlkampf war für die Partei über weite Strecken äußert schwierig, zweitweise musste sie sogar um den Wiedereinzug in den Bundestag bangen. Nach diesem Ergebnis werden sich die Grünen vor allem mit der Frage befassen müssen, ob sie für eine Koalition mit Union und FDP zur Verfügung steht. Diese Diskussion verspricht ein erneutes Aufbrechen der Flügelkämpfe zwischen Parteilinken und Realos, die im Wahlkampf erfolgreich vermieden werden konnten.

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Erklärvideo zu den Parteifarben


Jamaika, Ampel, Rot-Grün, Schwarz-Gelb. Bei den Parteien sind so allerhand Farben im Spiel. Wir erklären, was es damit auf sich hat.

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Union vor schwierigen Koalitionsgesprächen

Das Ergebnis der Bundestagswahl lässt rein rechnerisch eine Fortsetzung der Großen Koalition sowie eine Jamaika-Koalition aus Union, FDP und Grünen zu. Da die SPD bereits wenige Minuten nach den ersten Prognosen ankündigte, in die Opposition gehen zu wollen, bleibt jedoch nur die Option eines schwarz-gelb-grünen Bündnisses.

Dafür gibt es erst zwei Vorbilder auf Landesebene: im Saarland scheiterte ein solches Bündnis 2012 vor Ablauf der Regierungszeit, in Schleswig-Holstein regiert die CDU seit Juni 2017 gemeinsam mit Grünen und FDP.

Auf Bundesebene verspricht eine Jamaika-Koalition eine neue Dynamik, sie ist jedoch gleichzeitig riskant. Denn ein Dreierbündnis bedeutet nicht nur herausfordernde Koalitionsverhandlungen, sondern aller Voraussicht nach auch eine lebhafte Legislaturperiode. Dies gilt umso mehr, da die beiden kleinen Parteien einige zentrale inhaltliche Unterschiede aufweisen. So gehen die Vorstellungen nicht nur in der Flüchtlings-, Europa- und Klimapolitik auseinander, FDP und Bündnis 90/Die Grünen vertreten auch verschiedene Standpunkte in der Wirtschafts- und Sozialpolitik. Im Wahlkampf traten FDP und Grüne zudem als harte Gegner auf.

So ist es nicht verwunderlich, dass laut Infratest dimap nur 49 Prozent der Grünen-Anhänger eine Regierungsbildung mit Union und FDP der Oppositionsbank vorziehen würden. 45 Prozent raten der Partei, in die Opposition zu gehen. Bei den FDP-Anhängern ist der Widerstand zwar geringer, 60 Prozent wäre es lieber, eine Koalition mit Union und Grünen zu bilden, als in die Opposition zu gehen.

Doch der FDP-Spitzenkandidat ist skeptisch. Er betonte am Wahlabend, sich nicht in eine Koalition drängen zu lassen und erklärte eine politische Trendwende zur Voraussetzung einer Regierungsbeteiligung. Auch Grünen-Chef Cem Özdemir steckte bereits kurz nach Bekanntwerden der Ergebnisse die roten Linien für eine Koalitionsbeteiligung seiner Partei ab. Der Union dürften damit schwierige Gespräche bevorstehen, deren Ausgang alles andere als gewiss ist.

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Wer wählte wen?

Wer sind die Wähler der Parteien, was ist ihnen wichtig und was war für ihre Wahlentscheidung ausschlaggebend? Die Nachwahlbefragungen von Infratest dimap geben Antworten auf diese Fragen.
Die Union war besonders bei älteren Wählern erfolgreich, außerdem war sie bei Frauen stärker als bei Männern. Bei Menschen mit einfacher Bildung schnitt die Union etwas besser ab als bei höher Gebildeten. Ihre Wähler trafen ihre Entscheidung zu gleichen Teilen wegen Angela Merkel und den programmatischen Zielen der Union.

Für die SPD-Wähler waren auch der Spitzenkandidat Martin Schulz sowie die langfristige Bindung an die SPD wichtig, die Mehrheit entschied sich jedoch aufgrund des Parteiprogramms für die Sozialdemokraten. Besonders bei älteren Wählern war die SPD stark und auch bei wirtschaftlich schlechter gestellten Wählern und Menschen mit einfacherer Bildung war sie erfolgreich. Die SPD schnitt in allen Berufsgruppen ähnlich ab, nur bei den Selbstständigen war sie deutlich schwächer als im Durchschnitt.

Die Nachwahlbefragungen von Infratest dimap bestätigten, dass die AfD vor allem eine Protestpartei ist. So gaben 60 Prozent der AfD-Wähler an, sie hätten aus Enttäuschung über die anderen Parteien ihre Wahlentscheidung getroffen, nur 31 Prozent wählten die AfD aus Überzeugung. Auf die Frage, ob für die Wahlentscheidung Kandidat, Programm oder Partei entscheidend waren, gaben 76 Prozent der AfD-Wähler an, die Partei wegen ihres Programms gewählt zu haben. Die größte Sorge der AfD-Wähler ist, dass sich Deutschland und seine Kultur stark verändern werden und der Einfluss des Islam zunimmt. Außerdem fürchten sie eine steigende Kriminalität. Entsprechend waren die wichtigsten Themen der AfD-Wähler für ihre Entscheidung die Bekämpfung des Terrors und der Kriminalität sowie die Zuwanderung von Flüchtlingen. Die AfD schnitt in allen Altersgruppen außer den unter 24- und den über 70-Jährigen etwa ähnlich ab. Besonders erfolgreich war die AfD in der Gruppe der Arbeiter und der Arbeitslosen, bei Männern war sie außerdem erfolgreicher als bei Frauen. Überdurchschnittlich stark war die AfD Menschen, die angaben, sich in einer wirtschaftlich schlechten Situation zu befinden.

Fast 40 Prozent der FDP-Wähler gaben an, die Partei aus koalitionstaktischen Gründen gewählt zu haben. Außerdem spielten die politischen Inhalte eine große Rolle für die FDP-Wähler. Bei Selbstständigen und höher Gebildeten war die FDP besonders stark, bei wirtschaftlich schlechter gestellten Menschen eher schwach.

Auch unter den Linken-Wählern trafen fast 40 Prozent ihre Entscheidung aus Enttäuschung über die übrigen Parteien. Damit schöpfte auch Die Linke aus dem Protest-Wähler-Potenzial, das bei dieser Wahl besonders hoch war. Bei jungen Wählern zwischen 18 und 34 Jahren war die Linke etwas erfolgreicher, als in den übrigen Altersgruppen, außerdem war sie bei Arbeitern und Arbeitslosen etwas stärker als in anderen Berufsgruppen. Bei höher Gebildeten konnte die Linke bessere Ergebnisse erzielen, als bei Menschen mit einfacher Bildung. Die überwiegende Mehrheit der Linken-Wähler wählte die Partei aufgrund ihres Programms.

Die Grünen waren unter Jungwählern besonders stark, außerdem konnten sie viele Stimmen von Angestellten und Selbstständigen sowie gut Gebildeten gewinnen. Bei Frauen waren die Grünen erfolgreicher als bei Männern. Auch für Grünen-Wähler spielte die programmatische Ausrichtung der Partei die wahlentscheidende Rolle.

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Fünf Folgerungen aus der Bundestagswahl

  1. Die Regierungsparteien wurden abgestraft
    Bei der Bundestagswahl haben die Bürger Union und SPD für ihre Regierungsarbeit abgestraft. Beide Parteien mussten deutliche Verluste hinnehmen, gemeinsam kommen sie nur noch auf knapp über 50 Prozent der Stimmen. Die hohe Zustimmung zur AfD, die als Alternative zur etablierten Politik antrat, stützt diese Folgerung.

  2. Osten und Westen wählen verschieden
    Noch stärker als bei vergangenen Wahlen lassen sich Unterschiede zwischen den Ergebnissen im Osten und Westen der Republik beobachten. In den westlichen Bundesländern kommt die Union deutlich über 34 Prozent, die SPD liegt knapp über 20 Prozent, FDP und AfD sind zweistellig und die Grünen knapp unter 10 Prozent. Die Linke erlangt lediglich 7,2 Prozent. In den östlichen Bundesländern bleibt die Union deutlich unter 30 Prozent, die AfD wird mit über 20 Prozent zweitstärkste Kraft, Platz Drei geht mit 17,3 Prozent an Die Linke und erst dann folgt die SPD mit knapp unter 15 Prozent. Die FDP und die Grünen bleiben im Osten deutlich einstellig.
     
  3. Die Grenzen zwischen Groß und Klein verschwimmen
    Lange Jahre sprach man in Deutschland von den Volksparteien Union und SPD als den beiden großen und von den übrigen als den kleinen Parteien. Spätestens nach dieser Wahl muss man sich fragen, ob diese Begriffe noch zutreffen. Denn die vormals großen Parteien brachen ein und die SPD knackte die für Volksparteien so wichtige 30-Prozentmarke zuletzt 2005. Im Osten muss sie den zweiten Platz der AfD überlassen und wird auch von der Linken überholt, in Sachsen bleibt selbst die CDU knapp hinter der AfD zurück.
     
  4. Das Wahlverhalten wird wechselhafter
    Schon seit Längerem ist zu beobachten, dass die Bindung der Bürger an eine bestimmte Partei abnimmt. Die Wahlentscheidung fällt häufig erst kurz vor der Wahl und die Zahl der Wechselwähler nimmt zu. Diese Entwicklung wurde durch die Bundestagswahl 2017 bestätigt. Die Veränderungen in der Zusammensetzung des Parlaments zeugen von einer großen Wählermobilität und die Parteien können sich nicht mehr auf eine breite Stammwählerschaft verlassen, sondern müssen um jede Stimme kämpfen. Dadurch gewinnen die konkreten politischen Inhalte und die Spitzenkandidaten der Parteien an Bedeutung und auch der Wahlkampf und die mediale Präsenz nehmen einen hohen Stellenwert ein.
     
  5. Die Zeit der Wohlfühl-Politik ist vorbei
    Die Regierungszeit von Angela Merkel war bislang von einer Wohlfühl-Atmosphäre geprägt. Ihr besonnener Politikstil versprach Ruhe und Konstanz, scharfe politische Kontroversen blieben nahezu aus. Damit wird es nach dieser Wahl vorbei sein. Die AfD wird das Parlament verändern, die Union wird ihren Kurs anpassen und die SPD wird alles daran setzen, neues Profil zu gewinnen. Gegen dieses Profil wird sich Die Linke abgrenzen müssen und FDP und Grüne werden versuchen, ihre Wahlversprechen vehement voranzutreiben. Es verspricht eine spannende Legislaturperiode zu werden.


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